Herr Stadtverordnetenvorsteher, Herr Bürgermeister,
meine Damen, meine Herren,
Wie soll man in diesem Jahr eine Haushaltrede beginnen? In diesen Zeiten?
Nach der Flüchtlingskrise 2015/2016, nach der Coronakrise in den letzten beiden Jahren, haben wir jetzt mitten in Europa, in unserer unmittelbaren Nähe, einen Angriffskrieg. Eine Zeitenwende - wie es unser Bundeskanzler Olaf Scholz so treffend formuliert hat.
Große Sprünge, gerade auch wegen der immensen Kostensteigerungen in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens, brauchen wir als Stadt nicht mehr machen. Verständlich, dass unsere Kämmerei "auf Sicht" fahren muss. Projekte, die "nice to have" wären oder solche die noch nicht umsetzungsreif sind, weil wir erst in die Planung gehen oder noch keine konkreten Beschlüsse gefasst haben stellen wir hinten an.
Die Situation in unseren Kinderbetreuungseinrichtungen ist seit vielen Jahren angespannt. Dass der Fachkräftemangel dramatische Ausmaße im ganzen Land einnimmt, tröstet die betroffenen Familien wenig, die den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung eingelöst sehen möchten und existenziell durch Berufstätigkeit auf eine Kinderbetreuung angewiesen sind. Ein scheinbar unauflösbarer Konflikt.
Trotz Baumaßnahmen in der Kita im Grünen Weg, fehlen perspektivisch Betreuungsplätze. Wichtig ist, dass wir uns nun rechtzeitig auf den Weg machen, mit einem guten Partner an unserer Seite - wie es viele Kreiskommunen bereits getan haben und sehr gute Erfahrungen dabei gemacht haben - die Betreuung für die Lollarer Kinder sicherzustellen, Plätze anbieten zu können und das eingebettet in ein gutes pädagogisches Konzept.
Wir haben tolle Kitas in unserer Stadt in die wir auch mit diesem Haushalt wieder deutlich investieren. Und wir haben ein tolles, engagiertes Personal in unseren städtischen Kitas, das kann ich aus eigener Erfahrung mit voller Überzeugung sagen. Daher gilt auch hier, dass wir sehen müssen, wie wir dieses Personal halten und stärken können, in dem für uns möglichen Rahmen.
Denn der Kindergartenalltag ist von vielen Tätigkeiten bestimmt, die nicht zwingend eine Ausbildung zur Erzieher*in oder Sozialpädagogin voraussetzen. Die Entlastung der pädagogischen Fachkräfte durch Assistenz im Bereich der Verwaltung und Hauswirtschaft ist hierfür ein wichtiger Schritt. Auch die Einführung der Kita-App hat dazu beigetragen Eltern besser und schneller zu informieren und führte zur Entlastung der Erzieherinnen und Erziehern. Hieran muss weitergearbeitet werden.
Dieser Haushalt beinhalt einen negativen Effekt, die Rückzahlung von Gewerbesteuer in Höhe von 1,4 Mio Euro. Ohne diesen negativen Effekt würden wir einen ausgeglichen Haushaltsentwurf vorliegen haben, der sogar ein Plus ausweisen würde. Glücklicherweise ist dieser negative Effekt ein letztes Mal möglich gewesen und kann so nicht mehr auftreten. Das wir die Corona Jahre so gut überstanden haben, ist den Rücklagen zu verdanken, die diese Koalition in den letzten Jahren aufgebaut hat und mit denen wir auch diesen Haushalt ausgleichen können. Dank eines guten und kreativen Finanzabteilungseiters konnte das Defizit geringgehalten werden. Schon für das nächste Jahr und die folge Jahre zeichnet sich ein prognostiziertes Plus im Haushalt ab.
Einzig die Belastung durch Kassenkredite durch die Vielzahl an Verpflichtungsermächtigungen bereitet Sorge, hier müssen die geplanten Maßnahmen alle auf den Prüfstand, dass wird eine Maßgebliche Aufgabe in diesem Jahr.
Dennoch ist mit diesem Haushalt eine Erhöhung der Grundsteuern unumgänglich.
Es sei an der Stelle aber auch deutlich gesagt, dem steht serhwohl auch eine Leistung gegenüber. Beispielsweise haben wir uns für die Abschaffung der Straßenbeiträge entschieden, um die einzelnen Bürgerinnen und Bürger nicht mit mehreren Tausend Euro auf einen Schlag bei einer Sanierung zu belasten und auch geben wiederkehrende Beiträge, mit denen ein unnötig hoher Verwaltungsaufwand einhergegangen wäre. Die Straßen werden nun über die allgemeinen Steuern, also auch die Grundsteuer mitfinanziert und sukzessive, nach einem gemeinsam beschlossenen Sanierungskonzept für alle unsere Straßen gehen wir vor. Wald- und Blackenstraße zurzeit und mit dem jetzigen Haushalt beginnen wir die Planungen im Ortsteil Salzböden für die Wein- und Sonnenstraße. Wir tun also auch etwas!
Die Vereine leisten einen wichtigen Beitrag für den Zusammenhalt in unserer Stadt. Sie führen Menschen in unserer Stadt zusammen und sorgen mit dafür, dass Lollar als ein leben- und liebenswerter Ort erlebt wird und Alt- und Neubürger, unterschiedliche Generationen sich zusammentreffen und heimisch fühlen können. Dafür stellen wir als freiwillige Leistung viel Geld zur Verfügung.
Natürlich können wir auch die Ausgabenseite betrachten, in der vergleichenden Prüfung des Landes Rechnungshofs wurde ja sehr deutlich darauf hingewiesen, dass wir uns hier in Lollar mit den freiwilligen Ausgaben bei vergleichbaren Kommunen, mit 1,2 Mio Euro deutlich im oberen Bereich befinden.
Man kann sich die Fragen nun stellen, müssen wir uns eine Sporthalle Süd leisten oder in jedem Stadtteil ein Gemeinschaftshaus, Mehrzweckhalle oder Dorfgemeinschafshaus. Auch stellt sich die Frage ob wir die Sportplätze unterhalten müssen, die Fragen kann man sich natürlich stellen. Oder man kann die Diskussion darüber aufmachen, ob wir das alles weiterhin Kostenfrei für unsere Vereine hier in Lollar zur Verfügung stellen.
Andere Kommunen wie z.B. Korbach, Anspach oder auch im LK Gießen, Biebertal und Staufenberg erheben bereits Gebühren und Rechnen zusätzlich Nebenkosten mit den Vereinen ab.
Wollen wir also zukünftig beispielsweise eine Pauschal rvon sagen wir 30 Euro pro Stunde der TSG Lollar für die Nutzungszeiten für den Trainings- Übungs- und Spielbetrieb der unterschiedlichen Abteilungen inklusive der Jugend in Rechnung stellen, sagen wir der SG Salzböde/Lahn und der Eintracht Lollar, zukünftig zahlt ihr für die Platznutzung und dafür, dass Ihr duscht, gleiches gilt für den GV Lollar oder den CC Ruttershausen für die Proben und Trainingsstunden der Tanzgarten und für viele andere Vereine in unserer Stadt.
Das könnten wir tun, aber wollen wir das? Und was würde es für die Vereine bedeuten, was hieße das denn in der Konsequenz, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich sagen Ihnen, genau damit würden wir unsere Lollarer Vereine kaputt machen. Weil sie z.T. gar nicht mehr in der Lage wären, gerade nach den mageren Corona Jahren, diese finanzielle Mehrbelastung zu Stämmen oder sie wären gezwungen diese Kosten wieder auf Ihre Mitglieder umzulegen.
Ein völlig falscher Weg und ein fatales Signal an die Ehrenamtliche Arbeit der Vereine.
Und deshalb, meine Damen und Herren tun wir es nicht und lehnen solche Ideen und Gedankengänge auch sehr konsequent und voller Überzeugung ab. In Lollar wollen wir unsere Vereine weiterhin unterstützen und insbesondere auch die Jugendarbeit, jeder Verein bekommt für seine Jugendarbeit einen Sockelbetrag und zusätzlich für jedes Kind/jeden Jugendlichen einen Betrag, das sind in Summe 40.000€ im Jahr, auch dieses Geld ist eine absolut wichtige und richtige Investition in des Ehrenamt unserer Stadt.
Am Ende bleibt es eine politische Entscheidung welchen Weg wir gehen wollen und werden.
Die nächsten Jahre werden rauer, formuliert unser Bundespräsident treffend, man müsse sich von liebgewonnen Gewohnheiten verabschieden und er spricht sogar von einem "Epochenbruch". Frank-Walter Steinmeier stellt fest, dass Soziale Gerechtigkeit die Voraussetzung für ein funktionierendes Gemeinwesen ist und beschwört Gemeinschaftsgeist und Zusammenhalt in der Gesellschaft. Diesen Worten unseres Präsidenten wollen wir uns gerne anschließen und deshalb haben wir uns für diesen Weg entschieden.
Deshalb gilt an dieser Stelle auch ein Dank den vielen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern, die sich in Vereinen, Gruppen und Kirchen engagieren und so unsere Stadtgesellschaft stützen und stärken, diese gilt es weiter zu unterstützen.
Und ebenso bedanken wir uns bei den Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und insbesondere bei der Finanzabteilung mit Stefan Schober an der Spitze, der uns in gewohnter Weise die Fragen zum Haushalt ausgiebig erläutern konnte.
Meine Damen und Herren, die SPD Fraktion wird dem Haushaltsplanentwurf heute so zustimmen!
Vielen Dank!